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Sterben die Schmetterlinge?

Apollo Tafel (Hans-Peter Wymann)
Immagine: Hans-Peter Wymann

Hans-Peter Wymann

1911 schrieb Karl Vorbrodt1: «Als typisches Beispiel sei auf die Umgebung von Olten hingewiesen, in der Wullschlegel zahlreiche Falterarten aufgefunden hat, welche heute in diese Gegend gar nicht mehr hinein gedacht werden können.»

Anton Schmidlin zieht 50 Jahre später eine ebenso ernüchternde Bilanz des Zustands der Tagfalterfauna rund um Bern2: von den 101 aufgelisteten Tagfalterarten meldet er noch deren 46. Seither sind weitere verschwunden. Treffen diese Einschätzungen zu?

Fuhr ich vor 40 Jahren Mitte April durchs Kandertal, waren viele Wiesen gelbbraun – nicht intensiv grün wie heute. Und im Mai wurde es südwärts Frutigen bunt: Salbei, Knautien, Esparsetten, Nelken, Natternkopf, Geranien – Farbtupfer überall. Entsprechend reichhaltig war das Insektenleben, und schon aus dem fahrenden Auto waren sie zu sehen: Bläulinge, Weisslinge, Gelblinge, Augen- und Perlmutterfalter, vielleicht auch einen Schwalbenschwanz oder noch vor Kandersteg gar einen Apollofalter. Dort, im Talgrund der Kander, gehören diese Zeiten längst der Vergangenheit an. Das, was Vorbrodt vor mehr als 100 Jahren für das Mittelland vermerkt hatte, lässt sich heute in der montanen und subalpinen Stufe der Alpen feststellen. Der Arten- und Individuenreichtum schwindet vielerorts dramatisch dahin.

Szenenwechsel: Region Bern, 2021: Hier leben heute mehr Tagfalterarten als 1960. Und schweizweit zeigen Auswertungen des BDM3 eine Zunahme der Individuenzahlen vieler Arten in den letzten knapp 20 Jahren. Wie ist das zu erklären?

Die Erderwärmung, Stürme4, naturnahe Gärten und nicht (mehr) konsequent bewirtschaftete Bahndämme und Strassenböschungen haben dazu geführt, dass sich Ubiquisten aus isolierten Restvorkommen wieder verbreiten konnten. Hinzu kommen Wärmeprofiteure, die im Mittelland historisch noch nie nachgewiesen werden konnten, so der Karstweissling, der seit 2008 das Mittelland buchstäblich «geflutet» hat.

Anspruchsvollere Arten, die auf lichte Wälder (Erebien), grossflächige Trockenwiesen (Scheckenfalter) oder Feuchtstandorte (z. B. das Grosse Moorwiesenvögelchen, verschiedene Bläulinge) angewiesen sind, sind tieferen Lagen fast vollständig verloren gegangen. Diesem Trend muss in mittleren und höheren Lagen der Alpen entschieden entgegengewirkt werden, beispielsweise durch ein konsequentes Düngeverbot noch nie gedüngter Flächen.

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1 Karl Vorbrodt: Die Schmetterlinge der Schweiz, 1911

2 Anton Schmidlin: Unveröffentliches Manuskript, ca. 1960, heute im Besitz des NMBE

3 Vergl. in diesem Bericht: S. XX

4 Sturm Lothar vom 26.12.1999. Als Folge dieses Ereignisses entstanden vorübergehendriesige offene Flächen, die der Ausbreitung etlicher Arten dienlich gewesen sein dürften. Hier besteht erheblicher Forschungsbedarf!


Hans-Peter Wymann ist Wissenschaftlicher Illustrator und Wissenschaftlicher Mitarbeiter Wirbellose am Naturhistorischen Museum Bern.